Exkursion zur Mündung des Isonzo

Die erste Exkursion ins fremdsprachige Ausland führte elf Mitglieder der RG 15 in der Woche nach Ostern nach Italien. Zwischen Monfalcone, der nördlichsten Stadt Italiens mit direktem Zugang zur Adria und Grado liegt das Riserva Naturale Regionale Foce dell’Isonzo auf der Isola della Cona, die sich direkt in der Mündung des Isonzo erstreckt. Ein wichtiger Rastplatz für Zugvögel und ganzjährig ein Paradies für Birder, Ornithologen und Naturfotografen. In nächster Umgebung zur Industriestadt Monfalcone und Grado, das ja eher für seine Standbäder, Camping Villages und Sommerfrischler bekannt ist, würde man eine solche Vielfalt an Naturschätzen gar nicht erwarten – und doch, schon ein paar Meter abseits des Touristen-Trubels liegen einige interessante Naturschutzgebiete.

Freitag, mittags 13 Uhr
Drei Autos mit deutschem Kennzeichen rumpeln über eine schmale Zufahrtsstraße. Es staubt, Schlaglöchern zu beiden Seiten gilt es geschickt auszuweichen. Irgendwann hört der Asphalt auf, es geht – mehr oder minder einspurig – auf einer Schotterpiste weiter. Rechts der Isonzo, links der Canale Quarantina, die Mitte ist unser Ziel: Die Isola della Cona.

Am Parkplatz ist dann die ganze Gruppe komplett. Alle sind gut angekommen, es kann also losgehen. Auf einer ersten Erkundungsrunde lernen wir das Gebiet kennen und entdecken auch schon die ersten Fotomotive. Jetzt muss nur noch das Licht besser werden. Und das tut es auch. Wir werden mit einem schönen Sonnenuntergang und bestem Fotolicht belohnt.

Und schon stellen sich die ersten Raritäten ein: Eigentlich haben wir auf die Zwergdommel gewartet. Was sich dann aber zwischen den Schilfhalmen zeigte, war noch viel unerwarteter: Ein Kleines Sumpfhuhn. Die Zwergdommel kam dann auch noch. Abend gerettet.
Eine Europäische Sumpfschildkröte mitten auf dem Weg – das ist ein dankbares Motiv. Sie lässt sich weder von uns Fotografen, noch von einer vorbeikommenden Schulklasse aus der Ruhe bringen. Nach einiger Zeit beschließt sie, genug „gemodelt“ zu haben und beginnt unbeirrbar ihren Weg zu gehen. Der endet für sie am Glas von Christinas Objektiv. Ein klarer Fall von „unter die Naheinstellungsgrenze geraten“.

Den ersten Exkursionstag lassen wir in einer Osteria, gleich um die Ecke unserer Unterkunft, ausklingen. „Bepi Meo“ hat schon seinen eigenen Charme. Das Gastzimmer ist ein Sammelsurium von alten Blechpfannen, originalgetreuen Nachbauen alter Segelschiffe und von Kaiser Franz Josef, inklusive Stammbaum. Ein bisschen skurril und irre, aber geschmeckt hat’s auf jeden Fall.  

Samstag, 6 Uhr morgens


Das rote Warnlicht im Auto springt an: „Vereiste Straßen möglich“. Es hat drei Grad. Und wir dachten, wie wären in den Süden gefahren. Italien, da wo es immer warm ist. Auf der Anreise haben wir uns durch Schneeregen über die Autobahn gekämpft. Die Schneefallgrenze, erkennbar an den weiß gezuckerten Baumspitzen, rückte beträchtlich nahe. Aber hier, hier hätte es doch wärmer sein müssen?! Die Handschuhe haben wir auf jeden Fall alle Zuhause gelassen. Gibt’s eben mal wieder kalte Finger beim Fotografieren. Es ist kein Naturfotograf, wer sich davon abschrecken lässt.
Es ist kurz nach sechs, als wir die Fotorucksäcke schultern. Die Sonne kommt langsam am Horizont hervor und beleuchtet nach und nach die Wasserflächen der Isola della Cona. Die Camargue-Pferde posierten im schönten Morgenlicht und auch einige Limikolen haben sich vor einer Ansitzhütte eingefunden und stochern munter nach ihrem Frühstück, immer wieder mischen sich Knäckenten dazwischen. Von uns aus, könnte das so weitergehen.

Ortswechsel. Auf dem Weg zur größten Beobachtungshütte in dem Gebiet „La Marinetta“ begegnen wir einem Seidenreiher, der sich in einem Seitenarm des Canale Quarantina den Magen vollschlägt. Die Fische sitzen in der Falle, bei Flut sind sie in den Seitenarm geschwommen. Jetzt ist Ebbe, sie können nicht mehr weg. Der Seidenreiher nutzt das gnadenlos aus. Und von den anwesenden Fotografen lässt er sich nicht wirklich stören. Die Sonne ist nun gerade soweit gestiegen, dass sie dem Reiher einen leuchtend weißen „Heiligenschein“ verpasst, der vor dem recht dunklen Schilf noch besser zur Geltung kommt – Was für ein Fotomotiv!

Eine Exkursion, auf der alles glatt geht? Die gibt’s wohl nicht. Den ersten Eintrag in das Buch der „Verpassten Chancen“ können wir gleich am Samstagmorgen schreiben. Vor dem Marinetta ist nicht sonderlich viel geboten, aber das Licht ist schön. Also wird auf das Weitwinkel-Objektiv gewechselt für eine Landschaftsaufnahme. Plötzlich bricht ein Sturm von Geschnatter und Gequake los. Was mag das wohl bedeuten? Ein Blick aus dem rechten Seitenfenster genügt: Dort steht ein Fuchs mit einer Ente im Maul am Uferrand. Die „Überlebenden“ schimpfen ihn ganz heftig oder bedanken sie sich, dass er sich eine andere ausgesucht hat?

Dieser Fuchs scheint hungrig zu sein, oder hungrige Mäuler zu füttern zu haben. Wir sehen ihn an diesem Wochenende noch zwei, drei Mal. Leider nie mehr in wirklich gutem Licht oder brauchbarer Fotodistanz. Da nützt selbst der eingelegte Sprint am Samstagabend von einem Hide ins nächste nichts mehr. Verbuchen wir’s unter „Training“.

Ein richtiges Highlight hält der Samstagabend aber doch noch für uns bereit: Am Nachmittag finden sich zwei Braune Sichler auf der Isola della Cona ein. Das Pärchen ist recht geduldig und lässt uns lange aus nächster Nähe fotografieren.

Sonntag, 6 Uhr morgens

Der Silberreiher steht heute nicht an seinem üblichen Platz. Ob der von der einfallenden Horde slowenischer Fotografen vertrieben wurde? Nicht alle Fotografen sind Vorbilder in Sachen Verhalten, das mag stimmen. Aber auch nicht alle sonstigen Besucher benehmen sich so, wie man es sich für die Tiere wünschen würde. Wir begegnen an diesem Wochenende auch einer Gruppe Österreicher, die sichtlich keine Ahnung haben, was oder wem sie hier so alles gegenüberstehen. Laut polternd und sich unterhaltend marschieren sie an den Sichlern vorbei. Auf unseren Hinweis, bitte leiser zu sein, da hier sonst seltene Vögel gestört und vielleicht aufgescheucht werden, kommt nur ein: „Ach, der da hinten? Was ist das? Wissen Sie, ich kenn mich da nicht so aus...“ Ein anderer geht vorbei mit den Worten: „Da schaut, irgend so ein Schnäbler oder so.“ Oh, wie fachkundig! Wir jedenfalls versuchen es besser zu machen, die Vögel nicht zu stören und auch nicht um jeden Preis an dieses oder jenes Bild zu kommen.

Fotografisch gesehen ist auch dieser letzte Morgen unserer gemeinsamen Exkursion erfolgreich. Die Sichler präsentieren sich wieder in schönem Licht, Brandgänse kommen recht nah und ganz weit in der Ferne entdecken wir endlich auch einige Säbelschnäbler. Leider nur ein „Belegfoto“ wert, aber immerhin, gesehen haben wir sie auch.

Am Nachmittag treten wir dann die Rückreise in Richtung Heimat an. Im Gepäck haben wir Speicherkarten voller Fotos und die Erinnerung an den ein oder anderen Moment, von dem es zwar kein wirkliches „Super-Foto“ gibt, der aber einfach schön zu beobachten war.